Die Polizei macht «avanti»
AVANTI ist für die Kantonspolizei Uri nicht einfach ein neues Arbeitsinstrument. Es ist kaum zu vergleichen mit einem modernen Einsatzfahrzeug, das ein älteres Modell ablöst. Oder mit einer aktuellen Generation von Computern, die ihre überholte Vorgängerin ersetzt. «Die Softwarelösung stellt eine jener Neuerungen dar, auf die man schon nach kürzester Zeit nicht mehr verzichten will», erklärt Daniel Zgraggen. Der erfahrene Polizist hat die Einführung des Einsatzleitsystems von Beginn an begleitet und kommt aus dem Aufzählen der Vorteile fast nicht mehr heraus: «Mit der Software können wir die Qualität und Effizienz beim Abarbeiten von Ereignissen steigern. Sie bietet höchsten Datenschutz, protokolliert die Prozesse zuverlässig und unterstützt uns dank standardisiertem Vorgehen auch beim Einarbeiten von neuen Mitarbeitenden sehr effektiv.» Um diese Aussagen zu verdeutlichen, muss ein wenig ausgeholt werden – angefangen mit dem Auftrag der Kantonspolizei Uri: Ihre rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen in Uri für öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Sie rücken unter anderem bei Unfällen, Einbrüchen und Streitigkeiten aus, befragen Opfer und Täter und klären Sachverhalte. In der Einsatzzentrale in Flüelen laufen alle Fäden zusammen. Die Melde-, Koordinations- und Aufgebotsstelle ist an 365 Tagen im Jahr während 24 Stunden in Betrieb. Hier nehmen die Disponentinnen und Disponenten telefonisch sowie über diverse weitere Systeme Nachrichten und Informationen entgegen, stimmen die Abläufe aufeinander ab und bieten sämtliche Blaulichtorganisationen des Kantons sowie diverse Drittorganisationen auf.
Strukturen für die Zukunft
Bisher war die Arbeit in der Einsatzleitzentrale geprägt von Papierprozessen: Checklisten und Ablaufdiagramme zu den verschiedenen Ereignissen standen zum Nachschlagen bereit. Unverzichtbar für die optimale Abwicklung der notwendigen Massnahmen waren dabei die Erfahrung und das Wissen der Disponenten. «Seit 1980 haben diese Strukturen zwar gut funktioniert», erklärt Polizeikommandant Reto Pfister. «Doch das Umfeld hat sich stark verändert und ist komplexer geworden. Die Zeit war mehr als reif für einen grossen Schritt in Richtung Digitalisierung, um damit auch für die Zukunft zuverlässige Systeme zu schaffen.» Andere Kantone hatten dabei schon bestens vorgelegt. Von deren Erfahrungen mit diversen digitalen Einsatzleitsystemen konnte die Kantonspolizei Uri bei der Evaluation denn auch profitieren. Der Entscheid fiel schliesslich auf die Softwarelösung AVANTI von Swisscom. Regierungsrat und Landrat hiessen 880 000 Franken für die Beschaffung und Umsetzung gut. Und so konnte 2018 mit der Realisation gestartet werden.
Komplett neue Arbeitsweise
AVANTI enthält eine ganze Palette an Modulen, die je nach Bedürfnissen der Blaulichtorganisationen zusammengestellt werden können. Die Urner Lösung basiert auf einer umfassenden Datenbank. Erfasst sind darin Prozesse und Checklisten für die verschiedensten Ereignisse sowie Kontaktdaten aller involvierter Stellen – von den Feuerwehren bis zu den Gemeindevertretern und Pannendiensten. Für das gesamte Kantonsgebiet sind zudem die orts- und tageszeitspezifischen Verantwortlichkeiten definiert. Das neue Einsatzleitsystem integriert auch die Alarmobjekte und die visuelle Darstellung des Einsatzraums. Drei Mitarbeitende der Einsatzleitzentrale pflegten alle Daten ein und ermöglichten damit eine bestmögliche interne Vernetzung. Das Amt für Informatik und die IT-Spezialisten der Polizei brachten gleichzeitig die Hardware auf Vordermann und bauten ein neues eigenständiges Netzwerk für maximale Sicherheit auf. Nach einer intensiven Schulungswoche und einem Auffrischungstag waren die Disponentinnen und Disponenten im August 2019 bereit und motiviert für eine komplett neue Arbeitsweise.
Knacknuss Autobahn
Dazu ein Beispiel: In der Gotthard Raststätte wird ein Brandalarm ausgelöst. Der diensthabende Disponent kann über das Einsatzleitsystem auf den standardisierten Prozess für ein solches Ereignis zugreifen. Obwohl die Raststätte auf Schattdorfer und Erstfelder Boden liegt, rückt tagsüber die Werkhoffeuerwehr Flüelen und in der Nacht die Stützpunktfeuerwehr Altdorf aus. In der neuen Lösung sind diese Informationen zusammen mit den jeweiligen Kontaktdaten hinterlegt. Der Disponent kann so innert kürzester Zeit die richtigen Organisationen aufbieten, und seine Aktionen werden automatisch dokumentiert. Dies wiederum bietet für spätere Auswertungen und Dienstplanungen grosse Vorteile. Sonderregelungen wie bei der Gotthard Raststätte gibt es in Uri einige. Für Andreas Saurer, Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit von Swisscom, war es die Autobahn, die bei der Implementation der Software die grösste Herausforderung darstellte: «Je nach Strassenabschnitt gelten in Uri andere Regeln für das Aufbieten des Pannendiensts. Doch genau an solchen Knacknüssen zeigt sich, dass wir mit AVANTI optimal auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingehen können.»
Aufschliessen zu Zentralschweizer Partnern
Neben Uri kommt die Swisscom-Lösung auch in den Kantonen Bern, Basel-Stadt, Wallis und Thurgau sowie in der Zentralschweiz in Zug, Schwyz, Ob- und Nidwalden bei Blaulichtorganisationen zum Einsatz. Alle AVANTI-Kunden haben sich in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um die Weiterentwicklung des Systems sicherzustellen. Zudem können Entwicklungs- und Wartungskosten geteilt werden. Dass die Polizei-Korps der Zentralschweizer Kantone auf dieselbe Lösung setzen, kommt nicht von ungefähr. «Wir halten uns damit die Türen offen für eine noch stärkere kantonsübergreifende Zusammenarbeit», sagt Sicherheitsdirektor Dimitri Moretti. Punktuell bestehen bereits heute Kooperationen mit den Einsatzleitzentralen in Zug, Schwyz, Ob- und Nidwalden. So etwa zu Spitzenzeiten in punkto Ausfallsicherheit und Überlauf der Notfallnummern. «Mit AVANTI schliessen wir zu unseren Zentralschweizer Partnern auf und sind für die Zukunft bestens gerüstet.»