Ein Urner Bijou als Naturschutzzentrum

Eine stille Idylle, eingebettet zwischen Wiesen, Wäldern und einem Bach. Einsam und doch nicht abgelegen, aussichtsreich auf 1100 Metern über Meer – ein wahres Bijou mit grossem natürlichem und kulturellem Reichtum: Was nach einem fantastischen Sehnsuchtsort klingt, ist ganz real, trägt den Flurnamen Wasserplatten und liegt einen kurzen Fussmarsch von der Bergstation der Chilcherberg-Seilbahn auf Silener Gemeindegebiet. Das Gebiet Wasserplatten verfügt über eine ausserordentliche Biodiversität. «186 verschiedene Pflanzen, 65 Tagfalter- und zwölf Heuschreckenarten wurden hier auf rund zehn Hektaren nachgewiesen. Dazu seltene Fledermäuse, Vögel und Reptilien», weiss Edy Epp. Er hat in den letzten zwölf Jahren ein Pflege- und Nutzungskonzept des Amts für Raumentwicklung begleitet und umgesetzt: «Erfolgskontrollen zeigen, dass die Fördermassnahmen eine positive Wirkung haben. So konnten eingewachsene Flächen dauerhaft freigelegt und wertvolle Übergangszonen zwischen Trockenwiesen, Feuchtzonen und artenreichen Waldrändern gefördert werden.»
Zwei Landwirte wirken mit ihrer Arbeit und durch die Beweidung mit Burenziegen und Rindern massgeblich mit, die wichtige Landschaftspflege fortzusetzen. Sie sind aber auf weitere tatkräftige Helferinnen und Helfer angewiesen. Damit ist der zweite grosse Wert des Gebiets angesprochen: jener als Naturschutzzentrum.
Zukunftsorientiert erhalten und nutzen
Blenden wir aber noch kurz zurück: 2011 initiierte die damalige Justizdirektorin und jetzige Ständerätin Heidi Z’graggen das Projekt Wasserplatten. Daniel Furrer, der heute der Justizdirektion vorsteht, betont: «Das Gebiet Wasserplatten ist ein unverzichtbares Puzzleteil zwischen dem Reusstal, den Wildheuflächen unterhalb der Windgällen sowie dem landschaftsgeschützten Maderanertal. Es ist deshalb ein Glücksfall, dass der Kanton die Liegenschaft 2020 erwerben konnte und ihren Erhalt sowie die Nutzung langfristig sichern kann.» Geplant ist hier ein Naturschutzgebiet von regionaler Bedeutung. Parallel dazu will das Amt für Raumentwicklung hier ein Kompetenzzentrum für Kurse, Feldforschung und Arbeitseinsätze im Bereich Natur und Landschaft aufbauen. Manuel Lingg als zuständiger Abteilungsleiter erklärt: «Das Heimetli Wasserplatten mit seinem Wohngebäude und zwei Ställen, dem alten terrassierten Garten und erhaltenswerten Trockensteinmauern zeugt von einem sehr langen Gebrauch. Nachdem das Wohnhaus saniert und einer neuen Nutzung zugeführt wurde, entsteht ein Vorzeigeprojekt mit zahlreichen Mehrwerten.»
Umsichtig renovieren und einrichten
Von Seiten Kanton hat Edy Epp den Umbau zum Naturschutzzentrum eng begleitet: «In Zusammenarbeit mit einem privaten Planer, mit einem einheimischen Holzbau-Unternehmer und einem auf Denkmalpflege spezialisierten Handwerker erreichten wir eine sorgfältige Renovation mit viel Rücksicht auf den traditionellen Bestand, der zum Teil noch aus dem 17. Jahrhundert stammt. Die äussere Erscheinung des Wohngebäudes hat sich dank neuen, handgespaltenen Schindeln kaum verändert. Im Innern wurden zahlreiche bestehende Holzelemente nur vorsichtig gereinigt, um ihre Patina zu bewahren. Zum Teil hat man Decken aus- und andernorts wieder eingebaut. Und wo immer neues Holz verbaut wurde, wird damit die Geschichte sichtbar gemacht, indem die neuen Teile hell und die bestehenden dunkel gehalten sind.» Dank einer Photovoltaikanlage auf dem benachbarten Stall und einem Durchlauferhitzer gibt es neu Strom und warmes Wasser im Haus. Im südlichen Anbau sind Dusche und WC entstanden, und in der Küche harmoniert die neue Kombination mit der aufgefrischten Galerie. Der alte Ofen in der Stube sorgt für wohlige Wärme. Ermöglicht wurde das Umbauprojekt durch grosszügige Beiträge der Dätwyler Stiftung, des Fonds Landschaft Schweiz, der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und des Bundes. Ein Trägerverein unter Leitung der Gemeinde Silenen betreibt das Naturschutzzentrum.
Mieten und sich vor Ort engagieren
Das einfache und zugleich behagliche Gebäude bietet Schlaf- und Essplätze für bis zu 13 Personen. «Die ideale Unterkunft lässt sich mieten. Sie ist jedoch weder Partyhütte noch Ferienhaus – sondern ein Ort, an dem Gruppen sich für Natur und Landschaft einsetzen und sich mit ihr auseinandersetzen können», so Manuel Lingg. Angesprochen sind Schulklassen, Weiterbildungsanbieter, Forschende oder auch kleine Firmen beziehungsweise Vereine. Sie können im Zentrum Wasserplatten vom Kursangebot des Amts für Raumentwicklung – etwa im Wildheuen, Schindelhandwerk, Tristen- oder Trockenmauerbau – profitieren, mit anderen Institutionen zusammenarbeiten oder eigene Projekte zur Umsetzung vorschlagen.
Auch Arbeitseinsätze im Kulturland sind sehr willkommen. Mithilfe ist etwa beim Schönen, bei der Aufwertung beim Unterhalt von Trockenwiesen und -weiden oder bei Alparbeiten denkbar. Für kleine Forschungsprojekte gibt es ebenfalls diverse Ideen: von Pflanzversuchen mit raren Sorten im wiederbelebten Garten über Ergänzungspflanzungen mit Hochstammbäumen und Wildobsthecken bis hin zu Untersuchungen zu seltenen Tierarten. «Wir sind da sehr offen für Vorschläge von interessierten Gruppen», so Manuel Lingg.
Interesse an der Natur fördern
«Die Realisierung des Naturschutzzentrums Wasserplatten ist eine einmalige Möglichkeit, um an einem wunderschönen Ort eine Drehscheibe für Natur- und Landschaftsschutz zu schaffen», ist Daniel Furrer überzeugt. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden und den Mitwirkenden im Trägerverein freut er sich darauf, dass die Möglichkeiten im Gebiet Wasserplatten auf lebhafte Nachfrage stossen und über die Nutzung bleibendes Interesse für die Natur geweckt werden kann.
Interessiert?
Wer das Naturschutzzentrum Wasserplatten mieten möchte, findet auf der Website wasserplatten.ch weitere Informationen. Gerne stehen auch die zuständigen Personen des Amts für Raumentwicklung für Auskünfte zur Verfügung.