Mit Querdenken läufts runder

Die Nachfolge von Bruno Achermann und Max Germann ist sorgfältig vorbereitet worden. Seit 2020 fungieren die vier langjährigen Mitarbeitenden, welche sich die Führung künftig teilen, als Partner. Es sind dies: Jeanette Muther, Aurélien Véry, Alfred Achenbach sowie Lionel Bapst. Die Zusammensetzung mit Know-how in den Bereichen Technik, Architektur und Bau ergibt insgesamt eine breit aufgestellte Geschäftsleitung. Auch punkto Alter, Herkunft und Berufserfahrung ergänzen sich die vier.
Germann und Achermann ziehen sich zurück
Die Urnerin Jeanette Muther (42) ist seit mehr als 20 Jahren bei G&A tätig und als Architektin quasi mit dem Unternehmen gewachsen. Alfred Achenbach (64) – mit deutschen Wurzeln und in Schwyz wohnhaft – war Bauherrenvertreter beim Hotel The Chedi Andermatt und kam nach enger externer Zusammenarbeit 2015 als neues Mitglied der Geschäftsleitung zu G&A. Im selben Jahr stiess der in Altdorf wohnhafte gebürtige Bündner Lionel Bapst (34) als Projekt- und Bauleiter zum Team. Aurélien Véry (31) ergänzte das Team vor vier Jahren als Architekt und Projektleiter, wohnt in Luzern und vertritt als Waadtländer gewissermassen die Perspektive ennet des Röstigrabens … Die beiden Gründer verlassen die Firma per Ende 2021 und überlassen das Feld der nächsten Generation. Sie werden sich weiter mit der Entwicklung von Projekten beschäftigen und der G&A Architekten AG nach wie vor unterstützend zur Seite stehen. Aurélien Véry erläutert den Ansatz der neuen Partner: «Wir haben eine grosse Vielfalt an Projekten, die wir mit einem ebenso diversen Team bearbeiten.» Die Fachverantwortung und die gemeinschaftliche Entwicklung von Projekten habe deshalb einen hohen Stellenwert, was gleichzeitig einen permanenten Austausch voraussetze. Ein hoher Anspruch an die Architektur, eingebettet in ein umfassendes Dienstleistungsverständnis, ergänzt diese Ziele. G&A ist nicht nur stark in der Planung, sondern auch in der Umsetzung, weshalb sie die Projekte von der Idee bis zur Schlüsselübergabe – und darüber hinaus – begleitet. Dieser partnerschaftliche, ganzheitliche Ansatz ist der Geschäftsleitung wichtig. Schliesslich verlangt jedes Projekt nach eigenen Lösungen, und oftmals braucht es Innovationsgeist wie auch Weitsicht, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden.
Von Landi bis Chedi
Ein Blick zurück zeigt, wie gross die Fussstapfen sind, in die Bapst, Achenbach, Véry und Muther treten. Das Hotel The Chedi ist das berühmteste aller Projekte, die G&A seit der Gründung 1981 planen durfte. Aber auch Objekte wie das Hotel Radisson Blu in Andermatt, die International School of Zug and Luzern in Baar oder die Gotthard Raststätte in Schattdorf haben Aufmerksamkeit erregt.
Die Zukunft wird nicht minder spannend. Digitalisierung, Bodenknappheit und Klimawandel sind nur einige Schlagwörter, welche die Herausforderungen der kommenden Jahre umreissen. Der Umgang mit den fundamentalen Veränderungen unserer Zeit wird genau die Stärke der Geschäftsleitung sein. Für Jeanette Muther ist klar, dass G&A «nicht einfach blind Kundenwünsche erfüllt». Wichtiger sei, dass sie als Fachleute auch querdenken und Zusammenhänge herstellen. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit den Anforderungen von Bauherrschaft und Öffentlichkeit entstehen tragfähige Lösungen. Dabei gehe es weniger um die persönliche Verwirklichung der Architekten als um die Übernahme von Verantwortung. «Wir sehen uns auch der Gesellschaft verpflichtet», sagt sie. «Bei jedem Projekt gilt es deshalb abzuwägen, wie wir das Objekt in den jeweiligen Kontext integrieren und damit einen neuen Ort schaffen.»
Insbesondere in Bezug auf die Umwelt sei ein langfristiger Horizont gefragt: «Wir wollen Gebäude realisieren, die auch in Jahrzehnten noch den Bedürfnissen entsprechen und Freude machen.» Ein Neubau auf einer grünen Wiese sei die Ausnahme. Vielmehr gehe es heute darum, den Wert von bestehenden Strukturen zu erkennen und diese zu erneuern. So geschehen bei der Landi Zugerland: Durch die Revitalisierung der alten Produktionshalle konnte das Dach mit seiner einzigartigen, filigranen Stahlkonstruktion erhalten bleiben. Was die G&A auszeichnet, ist nicht zuletzt der Mut, Neues zu wagen. Selbst mit hunderten von Projekten im Erfahrungsschatz kommt es immer wieder vor, dass eine Idee im Raum steht, welche das Team aus rund 30 Mitarbeitenden zum ersten Mal anpackt. Beispielsweise bei der Stoos Lodge, die derzeit im Bau ist und nächstes Jahr eröffnet wird. «Das Ziel war, möglichst viel Material mit der neuen Standseilbahn zu transportieren», erzählt Aurélien Véry. So kam es, dass die Standseilbahn sogar den flüssigen Beton beförderte. Kein einfaches Unterfangen – aber es klappte. Auch bei der aktuellen Planung einer praktisch energieautarken Kleinsiedlung waren fundierte Recherchen und Erfindertum gefragt. Das «smarte Quartett» soll einen möglichst geringen ökologischen Fussabdruck hinterlassen. Die Lösung von G&A beinhaltet eine Konstruktion aus Stein und Holz sowie Lehmwände, die Wärmedämmung erfolgt mit Schafwolle. Die Häuser kommen zu zwei Drittel mit erneuerbaren Baumaterialien aus. Zum Vergleich: Bei konventionellen Bauten liegt dieser Bereich nur bei geschätzten zehn Prozent.
Kritisches Denken als Schlüssel zum Erfolg
Das ist vermutlich das verbindende Element zwischen den Gründern und den vier heutigen Partnern: G&A hat sich schon früher immer wieder kritisch geäussert und vermeintlich Sakrosanktes infrage gestellt. Dass die neue Geschäftsleitung diesen Weg weitergeht, ist nur konsequent – und sorgt hoffentlich noch für die eine oder andere Überraschung.